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In China bekommst du einen Porsche mit Tesla-Features für 27k€

Herzlich willkommen zur 58. Ausgabe von Der Autopreneur!

2007 stellte Apple das iPhone vor. Drei Jahre später wurde Xiaomi gegründet. Heute ist Xiaomi der drittgrößte Smartphone-Hersteller der Welt.

Für alle, die Xiaomi nicht kennen: Sie sind quasi das Apple von China. Heißt: Ein komplettes Ökosystem aus Devices und Software. Von Smartwatches über Fernseher bis zu Kühlschränken. Alle spielen perfekt zusammen - wie bei Apple eben.

Und noch eine Parallele zu Apple. Auch Xiaomi war der Meinung: Das ultimative Mobile Device für ihr Ökosystem ist ein Auto.

Aber jetzt kommt der Unterschied: Apple hat sein Autoprojekt eingestampft. Xiaomi hat geliefert.

KI-generiertes Symbolbild

Aber zurück zum Anfang

2021 kündigt Xiaomi an, ein Auto zu bauen. Natürlich hat sie niemand ernst genommen. Ein Smartphone-Hersteller will Autos bauen? Ein Chinese? Die Erwartungen waren niedrig.

Doch Xiaomi ließ sich nicht davon abbringen. Sie legten ein beeindruckendes Tempo vor.

Von der Entscheidung bis zur ersten Auslieferung vergingen nur 3 Jahre.

Es gab nur ein Problem: Der chinesische EV-Markt ist ein Haifischbecken. EV-Startups schießen nur so aus dem Boden. Wie kann man da als Newcomer rausstechen?

Die Lösung war gleichermaßen dreist und genial: Ihr erstes Auto sieht dem Porsche Taycan zum Verwechseln ähnlich.

Der Unterschied? Mehr digitale Features. Und das für ein Viertel des Preises.

Der Look sorgte von Tag 1 für richtig viel Aufmerksamkeit. Die Strategie ging voll auf.

Und trotz der Ähnlichkeit hat das Auto einen eigenen, markanten Look. Man erkennt ihn sofort.

Der Xiaomi SU7 wurde im März 2024 gelauncht.

Die Bestellungen gingen durch die Decke. In den ersten 9 Monaten lieferte Xiaomi 135.000 Autos aus. Zum Vergleich: Tesla brauchte für ähnliche Stückzahlen mehr als ein Jahrzehnt.

Und die Reviews? Überraschend positiv. Der SU7 hat erstaunlich wenige Kinderkrankheiten. Es ist einfach ein gutes Auto.

Parallel dazu ging es für Porsche in China bergab. Die Auslieferungen brachen 2024 um 28% ein. Die Verkäufe des Taycan gingen global sogar um fast 50% zurück.

Trotzdem ist der SU7 kein Porsche-Killer - aber...

Der SU7 sieht dem Taycan zwar zum Verwechseln ähnlich. Als echte Konkurrenz hat man ihn bei Porsche wohl aber nie gesehen.

Einen Porsche kauft man in China auch wegen der Marke und der Außenwirkung. Dass echte Porsche-Kunden zum günstigeren Xiaomi wechseln? Unwahrscheinlich.

Doch jetzt wird es ernst. Xiaomi hat gerade den SU7 Ultra gelauncht.

Mit 1.527 PS und einer Spitze von 323 km/h positioniert sich der Ultra noch ein Stück näher an Porsche.

Preis: 68.000 Euro. Das Jahresziel: 10.000 Einheiten verkaufen.

Der Launch:

  • 6.900 Bestellungen in 10 Minuten

  • 10.000 Bestellungen in 2 Stunden

  • 15.000 Bestellungen in 24 Stunden

Und wieder hat Xiaomi den Porsche-Vergleich geschickt für ihr Marketing genutzt. Der SU7 Ultra bricht medienwirksam den Rundenrekord des Taycan Turbo GT auf dem Shanghai Circuit. Und ist dabei deutlich schneller als der Porsche.

Ein genialer Marketing-Coup: Da kommt ein Unternehmen, das vorher nie Autos gebaut hat. Und schafft es durch geschickte Kommunikation immer wieder auf Augenhöhe mit Porsche wahrgenommen zu werden.

Was also macht Xiaomi so besonders?

Xiaomi Gründer & CEO Lei Jun beschreibt sein Erfolgsrezept wie folgt:

  • Performance wie ein Porsche

  • Technologie wie ein Tesla

  • Luxus wie ein Mercedes oder BMW

Und das Ganze zu Preisen, die deutlich unter dieser Konkurrenz liegen.

Hinzu kommt: Das Verständnis von "Premium" hat sich in China grundlegend verändert.

  • Früher: Ingenieurskunst, präzise Mechanik, edles Material

  • Heute: Digital, vernetzt und intelligent

Und das spielt Xiaomi in die Karten. Denn Software? Das ist ihre Kernkompetenz. Sie nutzen ihre Smartphone-DNA als entscheidenden Vorteil. Ihre Strategie ähnelt Apple:

  • Hochwertige, gut designte Produkte

  • Nahtlos vernetzt in einem integrierten Ökosystem

Und auch sonst machen sie einige Dinge anders als die "etablierten" Autobauer:

  • Kundenorientierung: Lei Jun sprach persönlich mit potenziellen Kunden und testete akribisch Konkurrenzfahrzeuge (dazu muss man wissen: dieser Mann ist laut Forbes auf Platz 36 der reichsten Menschen der Welt)

  • Hypercasting: Wie Tesla nutzt Xiaomi gigantische Gussmaschinen. In nur 100 Sekunden entsteht ein kompletter Autorahmen. Traditionell müssen hier Dutzende Einzelteile verschweißt werden

  • Dark Factory: Über 700 Roboter arbeiten in Xiaomis hochautomatisierter Fabrik. So automatisiert, dass theoretisch das Licht ausgeschaltet bleiben könnte

  • Disruptives Geschäftsmodell: Xiaomi verkauft die Autos nahezu zum Selbstkostenpreis. Gewinne sollen später durch Software und digitale Dienste kommen. Ein Ansatz, von dem etablierte Autobauer lange geträumt haben

Ford-CEO Jim Farley ließ sich vor kurzem einen SU7 nach Chicago liefern und "wollte ihn nicht mehr hergeben".

Mein Take

Es sieht ganz so aus, als wäre das erst der Anfang gewesen.

Im Juni kommt Xiaomis erstes SUV. Lei Jun nennt es selbstbewusst einen "Macan, Model Y, GLC, X3 und Q5 Killer". Dass man diese Aussage ernst nehmen sollte, haben wir mittlerweile gelernt.

Gleichzeitig kündigen sie an: In den "nächsten Jahren" werden wir global expandieren. Im ersten Schritt haben sie Europa und Südostasien im Blick.

Xiaomi zeigt: Elektroautos sind keine reinen Hardware-Produkte. Sie sind eine Mischung aus Software, smartem Ökosystem und digitalem Geschäftsmodell.

Derweil reagiert Porsche mit Stellenabbau in Zuffenhausen und Weissach. Und setzt wieder stärker auf Verbrenner.

Stefan Bratzel erklärt es so: "Als deutsche Autobauer müssen wir mindestens so innovativ sein, wie wir teuer sind.“

Xiaomi kostet ein Viertel und spielt bei Innovationen aktuell in einer anderen Liga. Ich denke, es ist an der Zeit, den Spieß umzudrehen. Wir sollten uns fragen: Was können wir uns eigentlich von Xiaomi abschauen?

Für 2025 peilt Xiaomi 300.000 Fahrzeuge an.

PS: Wie immer bespreche ich das Thema noch etwas ausführlicher im begleitenden Podcast. Dort auch teile ich auch meine persönlichen Eindrücke aus dem Xiaomi Store in Shenzhen.

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Woche Δ: Kursveränderung der letzten Woche
YTD Δ: Kursänderung seit Jahresbeginn

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Philipp Raasch

Bis zum nächsten Mal,
— Philipp Raasch