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Die wahren Gründe für die Krise bei VW (es sind nicht E-Autos und Software)
Herzlich willkommen zur 33. Ausgabe von Der Autopreneur!
Diese Woche richten sich alle Augen auf Volkswagen. Werksschließungen, Stellenabbau – das Ausmaß der Maßnahmen überrascht die Öffentlichkeit. Viele schieben die Schuld auf die missglückte Transformation hin zur E-Mobilität. Und zwar in beide Richtungen: Für die einen ging es nicht schnell genug, für die anderen viel zu schnell.
Aber was steckt wirklich hinter diesen Entscheidungen? Ist es nur ein Sparkurs oder das Symptom eines viel tiefer liegenden Problems?
In dieser Ausgabe werfen wir einen Blick auf die wahren Gründe für die Krise bei VW. Und warum das am Ende gar nicht mal so viel mit E-Mobilität und Software zu tun hat. Sondern mehr mit der Veränderungsfähigkeit eines bald 100-jährigen Traditionskonzerns.
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Lesezeit: 5 Minuten
🏭 Die wahren Gründe für die Krise bei VW
KI-generiertes Symbolbild
Volkswagen schockt Deutschland: Werksschließungen und Kündigungen sind plötzlich kein Tabu mehr. Die Meldung schlägt Wellen - auch weit über Branchengrenzen hinaus.
Was ist passiert?
VW will weitere 4 Mrd. Euro einsparen
Die Umsatzrendite der Kernmarke VW ist auf 2,3% gefallen (Ziel: 6,5%)
Überkapazitäten in deutschen Werken durch sinkende Nachfrage (konkret 2 Werke zu viel in DE)
Hohe Kosten im Vergleich zur Konkurrenz
Konkret plant VW:
Schließung von 2 deutschen Werken
Ende der Beschäftigungsgarantie (bestand seit 1994)
Weiterer Stellenabbau (Umfang noch unklar)
Doch das sind nur die Symptome. Die wahren Probleme liegen tiefer:
Volkswagen hat ein Effizienz-Problem
VW vs. Toyota: Effizienz im Vergleich // Quelle: Dr.-Ing. Stefan J. Blöchl via LinkedIn
Der Vergleich ist ernüchternd: VW hat fast doppelt so viele Mitarbeiter wie Toyota, produziert aber weniger Autos. Gleichzeitig verdient Toyota aber mehr pro Auto als VW.
Umsatz pro Mitarbeiter bei ausgewählten Autoherstellern (Eigene Darstellung)
VW erwirtschaftet pro Mitarbeiter einen Umsatz von rund 0,5 Mio. USD. Bei Toyota sind es 0,8 Mio. USD – über 50% mehr. Noch signifikanter der Unterschied zu KIA: Dort ist der Umsatz pro Mitarbeiter mehr als viermal so hoch wie bei VW.
Woher kommt diese Ineffizienz?
Zu viele Meetings: In deutschen Konzernen herrscht oft eine krankhafte Meetingkultur. Viele Mitarbeiter verbringen fast ihre komplette Arbeitszeit in Besprechungen
Unklare Prozesse: Über Jahre gewachsene, undurchsichtige Abläufe verhindern schnelles Handeln
Doppelarbeit: Teams arbeiten oft am gleichen Thema - ohne es zu wissen (wirklich, das passiert sehr oft)
Realitätsverlust: In den riesigen Organisationen verlieren Mitarbeiter oft den Bezug zur Außenwelt. Es entstehen Strukturen und Abläufe, die nur noch intern Sinn ergeben. Man arbeitet also an Dingen, die keinen echten Wertschöpfungsbeitrag haben
Ein Insider beschreibt es so: "Die Bereiche haben ihre eigenen Prozesse definiert und teilweise neue Abteilungen mit hunderten Leuten geschaffen - alle nicht wertschöpfend."
Ein Ex-VW-Manager warnt: "So wie VW heute existiert, wird die Gruppe niemals überlebensfähig sein."
Kurz: Wir haben ein massives Organisationsproblem. Dysfunktionale Strukturen prägen die deutsche Autoindustrie - nicht nur bei VW, aber dort wird es nun besonders sichtbar.
Und diese Organisation lähmt den ganzen Konzern. Sie blockiert den Fortschritt bei E-Autos und digitalen Technologien. Denn: Die organisatorische Transformation ist das notwendige Fundament für den technologischen Wandel.
Dazu kommen Standortnachteile in Deutschland: Hohe Energiekosten, strenge Regulierungen, Fachkräftemangel. In Kombination führt beides zu einem gefährlichen Trend:
Kompetenzverlagerung ins Ausland
VWs Maßnahmen sind kein reiner Sparkurs, sondern eine strategische Verlagerung. Denn während in Deutschland der Rotstift angesetzt wird, investiert man massiv in China und den USA.
Warum werden Kompetenzen ins Ausland verlegt?
Die Antwort liegt in der Schwierigkeit, bestehende Organisationen zu verändern. Das Beispiel CARIAD zeigt es deutlich:
CARIAD sollte VW effizienter und digitaler machen. Trotz Ausgliederung aus der Kernorganisation scheiterte das Projekt. Die alten, ineffizienten Strukturen waren zu stark.
VW zieht daraus eine radikale Konsequenz: Statt mühsam umzubauen, startet man im Ausland neu. Frei von alten Strukturen und Denkweisen.
Es ist ein Eingeständnis: Man traut der Kernorganisation die notwendige Veränderung nicht zu. Zumindest nicht schnell genug.
Wir müssen uns verändern (auch wenn es weh tut)
VWs drastische Schritte zeigen: Die deutsche Autoindustrie steckt in einer tiefen Krise. Jahrelang überdeckten gute Gewinne die Probleme. Doch der Druck durch Elektromobilität, Digitalisierung und Konkurrenz aus Asien macht die Schwächen nun sichtbar.
Die geplanten Werksschließungen und der Stellenabbau sind zweifellos schmerzhaft. Doch sie sind auch ein notwendiger Schritt zur Gesundung des Unternehmens. Ein "Gesundschrumpfen", das VW langfristig wettbewerbsfähiger und effizienter machen kann.
Für die Betroffenen ist es ein harter Schlag. Gesamtwirtschaftlich betrachtet kann es jedoch positive Effekte haben: Freigesetzte Arbeitskräfte können in zukunftsfähigeren Bereichen neue Wertschöpfung leisten. Der Druck zur Effizienzsteigerung kann dysfunktionale Strukturen aufbrechen und Innovationen fördern.
Für uns alle in der Branche heißt das: Alte Gewohnheiten ablegen & die Dinge neu denken. Es geht jetzt wirklich darum, die verwachsenen Organisationsstrukturen aufzubrechen. Und auch wenn es verlockend ist, auf Vorstände oder Politik zu zeigen - diese fundamentale Veränderung fängt bei jedem Einzelnen an.
🔗 Handelsblatt | CNBC | NYT | Reuters | Business Insider | Dr.-Ing. Stefan J. Blöchl (LinkedIn) | Companies Market Cap
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Kleines Experiment: Du hast wenig Zeit zum Lesen, willst aber trotzdem informiert bleiben? Ich teste gerade etwas Neues: Den "Der Autopreneur" Podcast!
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Hier findest du den Podcast (am besten auf 1,25x Geschwindigkeit hören):
📊 Wochenperformance
Hier die Wochenperformance der wichtigsten Automotive-Werte:
Kurs | Woche Δ | YTD Δ | |
---|---|---|---|
Tesla | 196,06 € | 3,21% | -14,20% |
BYD | 27,12 € | -1,67% | 10,11% |
Honda | 9,53 € | -2,56% | 2,69% |
GM | 42,73 € | -4,09% | 29,21% |
VW | 92,00 € | -4,35% | -18,50% |
Ferrari | 425,20 € | -4,88% | 38,23% |
Toyota | 15,81 € | -5,24% | -3,48% |
Mercedes | 58,45 € | -6,24% | -7,71% |
Porsche | 66,32 € | -6,38% | -17,20% |
Xiaomi | 2,09 € | -6,70% | 16,11% |
BMW | 78,20 € | -6,70% | -23,17% |
Stellantis | 14,03 € | -7,21% | -33,73% |
Woche Δ: Kursveränderung der letzten Woche
YTD Δ: Kursänderung seit Jahresbeginn
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Bis nächste Woche,
— Philipp
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