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Handelskrieg mit den USA? So zerstören Trumps Zölle das deutsche Exportmodell

Herzlich willkommen zur 62. Ausgabe von Der Autopreneur!

Was seit Monaten befürchtet wurde, ist jetzt Realität. Donald Trump hat innerhalb weniger Wochen ein beispielloses Zollpaket durchgesetzt. Das trifft so ziemlich die ganze Welt. Aber eben besonders auch die Automobilindustrie.

Heute schauen wir uns an, was die Zölle für Autobauer bedeuten. Und welche Auswirkungen sie insbesondere auf uns in Deutschland haben.

Trump stellt seine Zölle vor (Quelle: White House)

Was ist passiert? Die Zölle im Überblick

  • Seit März 2025: 25% Zölle auf Importe aus Mexiko und Kanada (Ausnahme: Produkte mit min. 75% nordamerikanischer Wertschöpfung)

  • 3. April 2025: 25% Zölle auf alle importierten Fahrzeuge - unabhängig vom Herkunftsland

  • 5. April 2025: 10% Basiszoll auf fast alle Importe in die USA

  • 9. April 2025: Länderspezifische Zusatzzölle auf den 10% Basiszoll. Für die EU bedeutet das insgesamt 20%, für China können die Zölle sogar bis zu 76% erreichen

  • 3. Mai 2025: Die 25% Autozölle werden auf Autoteile ausgeweitet

Wichtig: Für Fahrzeuge gelten ausschließlich die Autozölle, nicht die allgemeinen Zölle.

Wen betreffen die Auto-Zölle?

Die USA sind der wichtigste Exportmarkt für deutsche Hersteller. Laut VDA wurden 2024 fast 450.000 Fahrzeuge aus deutscher Produktion in die USA exportiert.

Deutschland steht auf Platz 5 der US-Autoimporteure (Quelle: Bloomberg)

Die Bedeutung der USA für deutsche Hersteller (Anteil am weltweiten Absatz):

  • Fast jeder vierte Porsche ging in die USA (24%)

  • Bei BMW und Mercedes lag der Anteil bei je 16%

  • Audi verkaufte 12% seiner Fahrzeuge in den USA

  • Bei der Marke VW waren es 8%

Das Problem: Deutsche Autobauer importieren den Großteil ihrer in den USA verkauften Fahrzeuge.

VW mit höchstem Importanteil in den USA (Quelle: Bloomberg)

Goldman Sachs rechnet mit Preissteigerungen von 5.000 bis 15.000 Dollar pro importiertem Fahrzeug.

Neuwagen kosten derzeit im Durchschnitt 48.000 Dollar. Die Bank of America erwartet einen Preisanstieg um bis zu 10.000 Dollar.

Wie reagiert die Automobilindustrie?

Die Hersteller stecken in einer Zwickmühle: Entweder sie schlucken die Zölle selbst und verlieren Marge. Oder sie erhöhen die Preise und riskieren Absatzeinbrüche.

Die ersten Maßnahmen zeigen die Dramatik:

  • Stellantis setzt die Produktion in 2 Werken aus: In Kanada für zwei Wochen, in Mexiko für den ganzen April. Rund 4.500 kanadische und 900 US-Mitarbeiter sind betroffen

  • VW kündigt "Importgebühren" an und stoppt Bahntransporte aus Mexiko. Fahrzeuge aus Europa werden vorerst in den Häfen gelagert

  • Mercedes erwägt, Einstiegsmodelle wie den GLA komplett vom US-Markt zu nehmen

  • BMW trägt vorerst die Zusatzkosten für in Mexiko gebaute Fahrzeuge selbst

  • Ford nutzt die Situation für Marketing und bietet seinen Mitarbeiterrabatt für alle Kunden an. Slogan: "From America, For America"

  • General Motors erhöht die Produktion in Indiana

Überraschend: Die US-Autokäufe haben im März stark angezogen. Hyundai verzeichnete einen Anstieg der Verkäufe um 13%, Ford sogar um 19%. Die Kunden haben offenbar noch schnell zugeschlagen, bevor die Preise anziehen.

Und so reagieren die Märkte

Die globalen Aktienmärkte erleben den schlimmsten Einbruch seit der Pandemie:

  • Volkswagen und Porsche: -10%

  • BMW: -10,5%

  • Mercedes: -12%

  • Stellantis: -15%

  • S&P 500: -8%

  • Nasdaq: -9%

JP Morgan hat die Wahrscheinlichkeit einer globalen Rezession auf 60% erhöht. Zuvor lag sie bei 40%.

Die Stimmung unter Anlegern ist extrem negativ. Sogar schlimmer als während des Corona-Crashs.

Porsche, Audi & VW trifft es besonders hart

Besonders betroffen: Hersteller ohne US-Produktion.

So z.B. Porsche. Sie produzieren ausschließlich in Deutschland.

Und das bewusst. "Made in Germany" ist ein wesentlicher Teil ihrer Markenidentität. Authentische deutsche Ingenieurskunst aus Zuffenhausen.

Diese Strategie hat Porsche jahrelang stark gemacht. Jetzt bricht sie ihnen das Genick.

Auch Audi importiert alle US-Modelle aus Europa oder Mexiko.

VW hat zwar Werke vor Ort - importiert aber trotzdem etwa 80% der in den USA verkauften Fahrzeuge.

Analysen von Bernstein sagen:

  • Deutsche Autobauer könnten zusammen rund 11 Mrd. Euro an Mehrkosten bezahlen

  • Allein Porsche könnte 1/4 seiner Gewinne verlieren – rund 3,4 Milliarden Euro

"Diese Entwicklung wird weltweit negative Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum haben. Das wird auch Arbeitsplätze betreffen", warnt VDA-Präsidentin Hildegard Müller.

Warum auch Autobauer mit US-Produktion betroffen sind

Ein entscheidender Punkt: Kein Fahrzeug ist wirklich zu 100% amerikanisch. Selbst wenn es in den USA gefertigt wird.

Der Ford F-150 ist das meistverkaufte Auto in den USA. Er wird ausschließlich dort gebaut. Trotzdem stammen seine 2.700 Hauptteile aus 24 verschiedenen Ländern.

Bei manchen Mercedes-Modellen aus Alabama machen importierte Teile bis zu 90% des Fahrzeugwerts aus. Besonders teuer sind die Motoren und Getriebe, die komplett aus dem Ausland kommen.

Deshalb sind eben auch Hersteller mit starker US-Produktion betroffen.

Für in den USA hergestellte Fahrzeuge werden die Kosten um etwa 3.000 Dollar pro Auto steigen. Dazu kommen 400 Dollar durch Stahl- und Aluminiumzölle.

Selbst Tesla wird betroffen sein. Elon Musk bestätigt: "Die Auswirkungen auf die Kosten sind nicht trivial."

Der Haken: Die Lieferkette umzubauen dauert nicht Monate, sondern eher Jahre.

Das Ganze entwickelt sich zu einem Handelskrieg

Die internationalen Reaktionen fallen entsprechend heftig aus:

  • Die EU bereitet Gegenzölle vor und erwägt Abgaben auf digitale Services von US-Unternehmen. Ursula von der Leyen spricht von "immensen Konsequenzen"

  • Emmanuel Macron fordert europäische Unternehmen sogar auf, nicht mehr in den USA zu investieren: "Was wäre die Botschaft, wenn europäische Akteure jetzt Milliarden in die amerikanische Wirtschaft investieren, während sie uns angreifen?"

  • Robert Habeck vergleicht die Zoll-Entscheidung sogar mit dem "Angriffskrieg gegen die Ukraine"

  • Kanada hat bereits Gegenzölle auf US-Waren im Wert von 22 Mrd. Dollar verhängt

  • China hat mit voller Wucht zurückgeschlagen: 34% Zusatzzölle auf alle US-Waren, Exportbeschränkungen für seltene Erden und suspendierte Importe bestimmter US-Produkte wie Geflügel

Die Europäische Zentralbank warnt: Die US-Zölle werden das Wirtschaftswachstum der Eurozone im ersten Jahr um 0,3% senken. Mit EU-Gegenzöllen könnte es sogar 0,5% sein.

Verlierer und Gewinner

Paradoxerweise könnte der größte Verlierer ausgerechnet die USA sein. Genauer gesagt: die US-Konsumenten. Die OECD warnt vor sinkendem Wirtschaftswachstum und Mehrkosten von bis zu 1.600 USD pro Haushalt. Gerade Premium-Produkte werden besonders teuer. Ein iPhone könnte künftig bis zu 2.300 Dollar kosten.

Trump scheint das egal zu sein. Auf die Nachfrage, ob ihn die höheren Autopreise für US-Verbraucher nicht beunruhigen, antwortete er: "Es ist mir völlig egal. Wenn die Preise für ausländische Autos steigen, werden die Leute amerikanische Autos kaufen."

Die eigentlichen Gewinner könnten überraschenderweise Chinas Autobauer sein.

Westliche Autobauer stehen ja ohnehin schon unter Druck. Sie müssen die Transformation stemmen und technologisch zu China aufschließen. Dieser Aufholprozess wird nun stark ausgebremst.

Denn die Hersteller müssen sich nun auf den Umbau ihrer Lieferketten konzentrieren. Das lenkt Ressourcen von der technologischen Entwicklung ab.

Und es gibt chinesischen Herstellern wie BYD die Chance, ihren Vorsprung weiter auszubauen.

Wer sonst noch profitiert? Der gesamte After-Market in den USA. Wenn Neuwagen Tausende Dollar teurer werden, entscheiden sich Kunden eher für Gebrauchte. Entsprechend werden auch Werkstätten profitieren. Aber auch Mietwagenfirmen.

Mein Take

Die Automobilindustrie erlebt die größte Transformation ihrer Geschichte. Technologisch ist es eine tektonische Verschiebung. Und jetzt kommt ein Handelskrieg dazu.

Das könnte für manche der Tropfen sein, der das Fass zum Überlaufen bringt.

Was hier passiert, ist eine komplette Neuordnung der globalen Autoindustrie.

Bis letztes Jahr hatten wir ja bereits das Problem der Entkopplung zwischen Ost und West. China auf der einen Seite, Europa und die USA auf der anderen.

Das war für Autobauer schon eine massive Herausforderung.

Sie mussten Entwicklung und Produktion quasi parallel in Ost und West betreiben.

Jetzt entkoppeln sich die USA vom Rest des Westens.

Das bedeutet: Deutsche Autobauer müssen nun drei separierte Wertschöpfungsketten aufbauen. Für Europa, die USA und China.

Im Worst Case heißt das: 3 unterschiedliche Produkt-Portfolios, 3 getrennte Lieferketten und 3 separate Produktionsnetzwerke.

Die Komplexität steigt enorm. Skalenvorteile gehen praktisch verloren.

Das Erfolgsmodell "Made in Germany" hat damit endgültig ausgedient. Unser Exportmodell funktioniert weder in Richtung Osten noch in den Westen.

Die Hoffnung bleibt: Dass Trump am Ende doch noch einlenkt und alles nicht so schlimm kommt. Vielleicht ist das alles nur ein taktisches Manöver für bessere Deals.

Denn viele vertreten diese Theorie: Trump könnte die Zölle als zeitlich befristetes Verhandlungsinstrument sehen. Nicht als dauerhafte Maßnahme.

Die Frage ist allerdings: Wie lange ist "vorübergehend"? Wochen? Monate? Jahre?

Ich drücke jedenfalls fest die Daumen, dass wir das schnell hinter uns bringen können.

Wie immer bespreche ich das Thema ausführlicher im begleitenden Podcast.

PS: Wie du siehst, tut sich gerade viel in der Automobilbranche.

Das führt vor allem zu einem: Information-Overload.

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📊 Aktien-Performance

Hier die Wochenperformance der wichtigsten Automotive-Werte:

Woche Δ: Kursveränderung der letzten Woche
YTD Δ: Kursänderung seit Jahresbeginn

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Philipp Raasch

Bis zum nächsten Mal,
— Philipp Raasch

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