Herzlich willkommen zur 15. Ausgabe von Der Autopreneur!

Diese Woche werfen wir einen Blick auf die Beijing Auto Show 2024. Einst die große Bühne für deutsche Premium-Hersteller, hat sich der Hype heute eindeutig zu den Chinesen verlagert.

Ich habe die 5 wichtigsten Erkenntnisse aus Peking zusammengefasst.

Außerdem in dieser Ausgabe:

• Schwaches Q1 für VW & Mercedes

• Tesla erreicht Durchbruch beim Autopilot in China

• Mercedes lässt Apple nicht auf seine Screens

• Elon Musk feuert komplettes Supercharger-Team

• Xiaomi zeigt, wie man das Auto neu denkt

• Und weitere Themen

Lesezeit: 5 Minuten

🇨🇳 5 Take-Aways der Beijing Auto Show 2024: Deutsche haben ihren Glow verloren

Die Zeiten, in denen deutsche Autos die Publikumsmagneten in China waren, sind vorbei. Der Hype hat sich zu den Chinesen verlagert. Das sind die Top 5 Erkenntnisse der wichtigsten Automesse des Jahres:

1. Chinesen sind innovativer und schneller. Chinesische Marken sind die Stars der Messe. Coole Modelle, smarte Features und Entertainment überzeugen die Kunden. Newcomer wie Xiaomi beeindrucken mit stylishen E-Autos zu extrem günstigen Preisen.

2. Deutsche wollen chinesischer werden. VW setzt auf neues Design und Hightech für den chinesischen Geschmack. BMW forciert maßgeschneiderte China-Modelle. Ziel: selbst ein Stück weit "chinesisch" werden. Doch reicht eine elektrische G-Klasse, um den chinesischen Angeboten etwas entgegenzusetzen?

3. Luxus-Vans sind die neuen SUVs. In China boomen Vans wie der Denza D9, Zeekr Mix, Li Mega und Xpeng X9. Viel Platz, Komfort und Entertainment für die Familie. Die Chinesen haben dieses Segment quasi neu erfunden. Die Deutschen haben hier aktuell nichts Vergleichbares.

4. China dominiert bei KI und Software. Vernetzte, updatefähige Autos mit autonomer Technik und lernfähiger KI sind Standard. Im softwaregetriebenen Wettbewerb hängen viele deutsche Hersteller noch hinterher. Aber: Viele chinesische Newcomer verbrennen Unsummen. Nicht alle werden überleben.

5. Preiskampf wird Opfer fordern. Ähnliches Design, fehlendes Marken-Profil und brutaler Preisdruck werden den Markt ausdünnen. Doch am Ende werden wohl vor allem die großen chinesischen Player profitieren, weiter Marktanteile gewinnen und durch Skalenvorteile noch mächtiger. Deutsche Hersteller müssen fast zwangsläufig mit sinkenden Marktanteilen und Gewinnen in China rechnen.

Die Beijing Auto Show macht sichtbar, was die Branche längst weiß: China hat aktuell die innovativsten Ideen und die coolste Technik. Dank Xiaomi wissen wir nun auch endlich, was ein "Smartphone auf Rädern" überhaupt ist. Und es ist leider verdammt cool (siehe dazu auch das heutige Video der Woche).

Deutsche Marken gelten bei jungen Chinesen als "oldschool". Eine Besucherin bringt es auf den Punkt: Das sei eher was für die Generation ihrer Eltern.

Ob die Deutschen mit "chinesischeren" Produkten mithalten können, bleibt fraglich. Der Vorsprung der echten Chinesen ist groß. "China lässt Mercedes oder BMW nicht mehr den Ton angeben", resümiert der Ex-Mercedes-Manager Sam Guo in Peking. Heißt konkret: Die Tage, in denen deutsche Hersteller Trends und Kundenwünsche in China diktieren konnten, sind vorbei. Stattdessen müssen sie sich anpassen und von den Chinesen lernen - nicht umgekehrt.

Doch kampflos wollen sich die deutschen Autobauer auch nicht geschlagen geben. VW-CEO Oliver Blume gibt die Marschroute vor: "Wir machen hier nicht auf Defensive, wir greifen an!" Gelingt das Comeback? Ich drücke jedenfalls fest die Daumen.

🔗 Automobilwoche | Nikkei Asia 1 | Nikkei Asia 2 | Automobil Industrie | Autohaus | Handelsblatt | Peter Schwierz (LI) | Automobil Produktion | Manager Magazin

Hier sind die weiteren News der Woche:

📉 Schwacher Jahresstart für VW & Mercedes: Volkswagen und Mercedes sind mit einem Dämpfer ins Jahr gestartet. Im Q1 waren Absatz, Umsatz und Gewinn rückläufig. Grund: schwache China-Nachfrage, Modellwechsel und Lieferengpässe.
VWs Gewinn sinkt um 20% auf 4,6 Mrd. €. Audi und Porsche schwächeln besonders stark. Mercedes büßt sogar 30% auf 3,9 Mrd. € ein, vor allem Luxusmodelle in China verkauften sich deutlich schlechter.
Aber es gibt Hoffnung: Die Finanzvorstände erwarten Besserung im Jahresverlauf. Allerdings stellt VW im Q2 erst einmal 900 Mio. € für Abfindungen zurück um den Personalabbau zu finanzieren. An der Börse quittierten Anleger die Zahlen mit Kursabschlägen.
🔗 Manager Magazin | Tagesschau

🚕 Elon Musks Überraschungsbesuch in China: Diese Woche reiste Elon Musk überraschend nach China. Nicht zur Auto Show, sondern für Gespräche mit hochrangigen Politikern. Das zahlte sich aus: Tesla darf sein "Full Self-Driving" (FSD) in China anbieten.
Voraussetzungen: eine Partnerschaft mit Baidu für Kartenmaterial und die Einhaltung strenger Datenschutzregeln. Die Zulassung könnte ein Game-Changer für Tesla in China sein und den Technologiewettstreit befeuern. Chinesische Hersteller werden sich im eigenen Markt sicher nicht abhängen lassen wollen.
Trotz Problemen in den USA setzt Musk voll auf FSD. Der Zeitpunkt der Genehmigung ist gut. China will gerade ausländische Investoren anlocken. An der Börse kam das gut an: Teslas Aktie stieg um bis zu 14%.
🔗 New York Times | Bloomberg | Financial Times | Handelsblatt

📱 Mercedes lässt Apple nicht auf alle Screens: Mercedes lehnt Apples Pläne für ein erweitertes CarPlay ab. Apple will, dass CarPlay künftig alle Displays im Auto übernimmt. Vom Tacho bis zur Klimaanlage.
Für Mercedes kommt das nicht in Frage. CEO Ola Källenius will die digitale Erfahrung selbst gestalten. Nur so könne man Kunden ein nahtloses Erlebnis bieten, vom Infotainment bis zum autonomen Fahren.
Stattdessen setzt Mercedes auf sein eigenes Betriebssystem MBUX und den "Hyperscreen". Und auf eine enge Partnerschaft mit Google bei Karten und Navigation. Klassisches CarPlay und Android Auto wird es aber weiterhin geben.
🔗 The Verge 1 | The Verge 2

🚫 Musk feuert komplettes Tesla Supercharger-Team: Und nochmal Elon Musk. Der greift erneut zum Rotstift. Nur zwei Wochen nach 14.000 Entlassungen traf es nun Teslas Supercharger-Sparte.
Das gesamte 500-köpfige Team fliegt raus. Auch Top-Manager wie Charging-Chefin Rebecca Tinucci mussten gehen.
Interessant: Der Kahlschlag kommt kurz nachdem sich die Autobranche auf Teslas Ladestandard NACS einigte. Künftig nutzen Ford, GM, VW und Co. den Tesla-Stecker.
Musk nennt Sparzwang als Grund. Tesla drosselt jetzt den Ausbau des Ladenetzes und fokussiert sich auf bestehende Standorte.
Insider spekulieren über Musks Strategie. Ein Idee: Tesla überlässt den teuren Infrastruktur-Ausbau jetzt anderen und spart so Kosten. Schließlich setzen die ja eh auf Teslas Technik. Es gibt aber auch Gerüchte, dass das Top-Management nicht so harte Einschnitte wollte wie von Musk gefordert - woraufhin er kurzerhand alle feuerte.
🔗 TechCrunch | The Verge 1 | The Verge 2 | New York Times

👎 Gen Z hat keine Lust auf Automobilindustrie: Als ich 2011 bei Mercedes anfing, war das noch was Besonderes. Die Autobranche galt als Traumarbeitgeber (und während ich das schreibe, fühle ich mich sehr alt). Doch diesen Glanz hat sie für die Gen Z verloren.
Laut Umfrage finden 53% der 18-29-Jährigen in Deutschland die Branche unattraktiv. Nur 28% können sich dort eine Karriere vorstellen.
Ein Symptom eines größeren Problems: Die Gen Z fremdelt mit der Zukunft, sehnt sich in die Vergangenheit zurück. Schuld sind Krisen und Zukunftsängste.
Bitter, denn die Autobranche braucht dringend junge Talente. Gerade jetzt im Wandel.
Btw: Stattdessen zieht es die Gen Z zu Startups und Tech-Companies.
🔗 Automobilwoche | Handelsblatt

📉 Chart der Woche: Teslas Q1-Zahlen enttäuschen - aber Musk macht Hoffnung

Auch Tesla hat Q-Zahlen reported - das musst du wissen:

Der Umsatz sank um 9% auf $21,3 Mrd., der Gewinn brach um 55% auf $1,1 Mrd. ein. Hauptgrund: harter Preiskampf, vor allem in China. Auch Produktionsprobleme und Anlaufkosten für den Cybertruck belasteten.

Mit 386.000 ausgelieferten Fahrzeugen (-9%) verfehlte Tesla die Erwartungen deutlich. 82% der Erlöse stammen aus dem E-Auto-Verkauf, 11% aus Services wie Superchargern, 8% aus dem Energiespeichergeschäft.

Positiv: Tesla konnte trotzdem Kosten senken und das Energiespeichergeschäft ist gewachsen. Trotzdem legte die Tesla-Aktie nach den Zahlen um 15% zu. Der Grund: Elon Musks optimistische Ankündigungen.

Allen voran: Ein günstiges Einstiegsmodell - wohl eine abgespeckte Variante des Model 3 für 25.000 USD. Zudem versprach Musk Fortschritte beim Optimus-Roboter und den Robotaxis.

🔗 App Economy Insights

🎛️ Video der Woche: Xiaomi zeigt, was bei E-Autos möglich ist

Letztes hatte ich schon vom Xiaomi SU7 erzählt, dem ersten E-Auto eines Smartphone-Herstellers.

Jetzt gibt's ein Video, das die vielen Gadgets und Accessoires des SU7 zeigt. Und die sind ganz schön cool.

Modulare Bedienelemente zum Anstecken, wenn man lieber physische Buttons statt Touchscreen möchte. Eine zusätzliche Uhr mit Tacho. Oder LED-Ambientebeleuchtung zum Nachrüsten. Das Erlebnis im Auto kann so modular erweitert und individualisiert werden.

Klar, über das Design des SU7 lässt sich streiten (orientiert sich stark am Porsche Taycan). Doch Xiaomi hat eben auch ein paar Ideen, die man so noch nicht gesehen hat.

🔗 Youtube

Das war’s für diese Woche!

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Bis nächste Woche und alles Gute!

Philipp

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Ich bin Philipp. Gründer der Automotive-Digitalberatung horyzn.io.
Davor habe ich 10 Jahre bei Mercedes gearbeitet. In meinem Newsletter gebe ich jeden Sonntag ein Update zur digitalen Transformation der Automobilbranche. Wenn du mehr über mich erfahren willst, folg mir auf LinkedIn.