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So will China Europas Automarkt erobern – und das müssen wir jetzt tun

Herzlich willkommen zur 56. Ausgabe von Der Autopreneur!

Was wir gerade täglich aus den USA hören, ist: Laut. Direkt. Bedrohlich. Und auch wenn es gerade ein neues Level erreicht: Direkte Ansagen und schnelle Lösungen – das war schon immer the American way.

Das komplette Gegenteil: der chinesische Ansatz. Leise. Stetig. Strategisch. Und vor allem: verdeckt.

So hat China erst seinen eigenen Automarkt erobert. Jetzt wollen sie Europa. Automotive-Analyst Michael Dunne beschreibt es treffend mit: "China to Europe: Marry Me - Or Else".

Was er damit meint? China will mit Macht auf den europäischen Automarkt. Und das stellt Europa vor eine folgenschwere Entscheidung.

Das Thema ergänzt perfekt meinen Auto-Masterplan von vor 3 Wochen. Dort zeigte ich, wie Deutschland zum Gateway für den europäischen Automarkt werden kann. Heute beleuchten wir, unter welchen Bedingungen wir China darin einbinden sollten.

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KI-generiertes Symbolbild

Chinas Aufstieg kam nicht über Nacht

Er folgt einem präzisen Plan. Die Zahlen sprechen für sich:

  • China produziert mehr E-Autos als alle anderen Länder zusammen: 12 Mio. (2024) vs. 2,4 Mio. in Europa

  • Die Produktionskosten für E-Autos liegen 25-30% niedriger als überall sonst

  • Chinesische Konzerne kontrollieren 79% der weltweiten Batteriezellproduktion

  • China produziert 7 von 10 Batterien weltweit

Im Westen wechseln Strategien mit Wahlzyklen. China verfolgt unbeirrt seine Zehnjahrespläne. Das Ergebnis: ein Vorsprung, den Europa kaum aufholen kann.

Verbrenner sind leider auch nicht die Lösung

Deshalb argumentieren bei uns einige: "Lass die doch machen. Wir sollten uns auf unsere Stärke besinnen – den Verbrenner."

Allerdings nimmt die wirtschaftliche Bedeutung des Verbrenners stetig ab. Das eigene Schicksal an eine aussterbende Technologie zu knüpfen ist für die Unternehmen keine Option.

Warum China nach Europa will

Der heimische Markt ist übersättigt. In China tobt ein Preiskampf, bei dem kaum Geld zu verdienen ist.

Die Rettung: der europäische Markt. Mit 449 Millionen potenziellen Kunden sogar größer als der US-Markt.

Und China macht der EU ein verlockendes Angebot:

  1. Endlich günstige E-Autos: Durchschnittspreis eines Neuwagens in Europa: 47.000 €. Durchschnittspreis eines chinesischen Exportfahrzeugs: 17.000 €

  2. Sofort Lieferbar: China könnte instant den kompletten EU-Bedarf an E-Autos decken. Und die EU damit bei der Erreichung ihrer ambitionierten Klimaziele unterstützen

  3. Und last but not least: Europa ist komplett abhängig von asiatischen Batterien. Die meisten kommen aus China. BYD und CATL stehen praktisch bereit für eine Full-Scale Expansion nach Europa

Für Europa scheint dies die Lösung aller Probleme.

Aber wenn ein Angebot zu gut klingt, ist es das meistens auch.

Was spricht gegen einen Pakt mit China?

1) Strategische Abhängigkeit

"Wir haben uns bei Energie von Russland abhängig gemacht", warnt ein EU-Kabinettsmitglied. "Wir wissen, wie das endete. Diesen Fehler dürfen wir mit China nicht wiederholen."

2) Industrieller Ausverkauf

Die Autoindustrie ist das Rückgrat der europäischen Wirtschaft. Sie sichert Millionen Arbeitsplätze.

Öffnen wir die Schleusentore komplett, passiert in Europa wohl dasselbe wie in China. EU Hersteller können im Wettbewerb nicht mithalten und verlieren Marktanteile an die Chinesen.

3) Degradierung zur Werkbank

Die Batterie ist der neue Motor. Beim E-Auto ist sie das Herzstück.

Nach der Insolvenz von Northvolt ist Europa hier komplett abhängig. Die chinesischen Batteriehersteller expandieren bereits nach Europa. Allerdings ohne Technologietransfer. Das Wissen bleibt in China.

Die Gefahr: Europa wird zur Werkbank für chinesische Batteriehersteller.

Beispiel: Stellantis und CATL bauen ein 4,1-Milliarden-Euro-Batteriewerk in Spanien. Die spanische Regierung fördert es mit 300 Millionen Euro – ohne Bedingungen für Technologietransfer.

Aber die Chinesen haben starke Druckmittel

1) Europäische Marken in chinesischer Hand

  • Volvo gehört Geely

  • MG gehört SAIC

  • Geely und BAIC halten zusammen 19% an Mercedes

Als größter Anteilseigner übt China Einfluss auf Mercedes aus. CEO Ola Källenius fordert "mehr Freihandel, nicht zusätzliche Barrieren".

Im Streit um EU-Strafzölle forderte er sogar, die Einfuhrzölle zu senken – obwohl diese schon deutlich unter denen in China lagen.

Verständlich: Mercedes verkaufte 2024 in China 683.000 Fahrzeuge. Doppelt so viele wie in den USA.

2) Marktdurchdringung in Europa

20% des europäischen E-Auto-Marktes sind bereits chinesisch.

3) Verflechtung der Industrien

BMW, und Mercedes klagen gegen die EU-Zölle. Der Grund: Sie produzieren selbst E-Autos in China für Europa.

Die Verflechtung ist tief. Europäische Hersteller klagen gegen ihre eigenen Regierungen.

Diese 4 Optionen hat Europa jetzt

Dunne schlägt 4 konkrete Maßnahmen vor:

1) Gleiche Regeln für alle

Chinesische Unternehmen dürfen nur mit europäischen Partnern in den Markt kommen. 51% Kontrolle muss in europäischer Hand bleiben.

Genau so verlangte es China seit Jahrzehnten von europäischen Unternehmen im eigenen Markt.

2) Wirkungsvolle Schutzzölle

50% Zoll auf importierte Batterien, schrittweise eingeführt über 5-7 Jahre.

Das gibt europäischen Herstellern Zeit, eigene Kapazitäten aufzubauen.

3) Massive Investitionen

100 Milliarden Euro für den Aufbau einer europäischen Batterieindustrie:

  • Batteriefabriken mit koreanischen/japanischen Partnern

  • Aufbau der gesamten Lieferkette in Europa

  • Forschung für die nächste Batteriegeneration

Vorbild: Der US Inflation Reduction Act. Jeder öffentliche Dollar mobilisierte dort 5,50 Dollar private Investitionen.

4) Eine Europäische Batterie-Allianz

Ein "Airbus-Moment" für Batterien: Mehrere Länder bündeln ihre Kräfte unter gemeinsamer Führung.

Nur mit dieser Skalierung kann Europa mit China mithalten.

Meine Take

Bleibt die Option, Europa komplett abzuschotten. Die Folgen wären fatal: besonders die Vergeltungsmaßnahmen Chinas würden deutsche Hersteller treffen.

Das ist also keine Option.

Deshalb gilt es schnell zu handeln. Denn die europäischen Hersteller verlieren weiter Marktanteile in China. Der Heimatmarkt wird umso wichtiger.

Europas stärkstes Asset ist der Zugang zu seinem Markt. Diese Karte müssen wir jetzt spielen – mit klaren Bedingungen.

Wir brauchen keinen Handelskrieg wie Trump. Wir brauchen einen strategischen Deal: Marktzugang gegen Technologietransfer. Inkl. lokaler Produktion und europäischer Kontrolle.

Die Zeit der naiven Offenheit ist vorbei. Komplette Abschottung wäre ebenso falsch. Der richtige Weg liegt in einer Partnerschaft zu europäischen Bedingungen.

🔗 DI | NYT | FT (01, 02)

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Philipp Raasch

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— Philipp Raasch