Herzlich willkommen zur 26. Ausgabe von Der Autopreneur!

VW muss den Start neuer Modelle verschieben - wieder einmal. Und auch der Grund ist nicht neu: Softwareprobleme. Ein Déjà-vu.

Im Zentrum: CARIAD, VWs Softwaretochter. 2020 mit großen Ambitionen gegründet. Heute ein Sinnbild für die Softwareprobleme der deutschen Autoindustrie. Vor dem Hintergrund der jüngsten Strategiewechsel bei VW - den Kooperationen mit Rivian und Xpeng - stellt sich die Frage: Was bedeutet das für CARIAD?

Diese Woche beleuchten wir den Aufstieg und Fall (?) von CARIAD, die ambitionierten Ziele, die Gründe für das Scheitern und werfen einen Blick in die Zukunft.

Die weiteren Themen der Woche bleiben meinen Pro-Abonnenten vorbehalten:

• Audi-Europachef: Volles Commitment für E-Mobilität und Verbrenner

• EM-Sponsoring zahlt sich für BYD voll aus

• Peugeot will bis 2030 zur reinen Elektromarke werden

• EU erwägt niedrigere Importzölle für China-EVs von VW und BMW

• Chinas Elektroauto-Absatz wächst stark, Deutschland verliert an Boden

• Ford-CEO erklärt Software-Probleme traditioneller Autobauer

Außerdem - die weiteren Headlines der Woche:

• Tesla verschiebt Robotaxi-Vorstellung und stellt wieder kräftig ein

• Google investiert in das indische Uber

• Nio baut Swap-Station-Netz in Europa aus

• Kooperationen und Strategiewechsel bei Trumpf, Jaguar und BASF

Lesezeit: 5 Minuten

🪂 Der Aufstieg und Fall (?) von CARIAD

VW muss den Start neuer Modelle verschieben - wieder einmal. Und auch der Grund ist nicht neu: Softwareprobleme.

Ein Déjà-vu, das symptomatisch für die Herausforderungen des Konzerns bei der digitalen Transformation ist.

Im Zentrum: CARIAD, VWs Softwaretochter. 2020 mit großen Ambitionen gegründet. Heute ein Sinnbild für die Softwareprobleme der deutschen Autoindustrie.

CARIADs ambitionierter Start

2020 wurde CARIAD gegründet, um VW im Softwarebereich an die Weltspitze zu bringen. Die Ziele waren ehrgeizig:

• 10.000 Entwickler bis Mitte der 2020er Jahre

• 60% Eigenleistung bei Software

• Entwicklung eines "Software-definierten Fahrzeugs"

• Nach SAP das zweitgrößte Softwareunternehmen Deutschlands werden

Heute, vier Jahre später, häufen sich Verzögerungen und Probleme:

• Fehlerhafte Software-Updates verärgern Kunden

• Verschobene Markteinführungen (Audi Q6 e-tron, Porsche Macan)

Warum scheiterte CARIAD? 5 Gründe...

1. Cultural Clash: CARIAD sollte wie eine Tech-Company arbeiten. Eingebettet in die "traditionellen" Management- und Konzernstrukturen von VW waren die Konflikte vorprogrammiert.

2. Identitätskonflikt: In der Theorie sollte CARIAD eigenständig agieren. Das nächste große Software-Produkt entwickeln. Die Realität: Die Konzernmarken nutzen CARIAD als bloßen Dienstleister. Resultat: Widersprüchliche Anforderungen und Machtkämpfe.

3. Zu viel auf einmal: Man hat CARIAD einfach den kompletten Blumenstrauß an 'digitalen' Themen übertragen. Sie sollten nicht nur Fahrzeugsoftware entwickeln. Sondern nebenbei auch noch E-Commerce im Konzern etablieren. Das passte einfach nicht zusammen.

4. Alte vs. neue Welt: CARIAD sollte die Fahrzeug-Software der Zukunft entwickeln. Gleichzeitig mussten sie aber die alte Systeme warten und optimieren. Auch dieser Widerspruch führte zu Ressourcen- und Zielkonflikten.

5. Chaos: Die Folge der 4 o.g. Punkte? Häufige Umstrukturierungen und Managementwechsel. Zudem waren die Führungspersönlichkeiten oft gestandene Automanager aus der Verbrenner-Ära. Menschen die eben genau das "alte" Mindset verkörperten, das man eigentlich ablösen wollte.

Besonders bitter ist die Situation für die CARIAD-Mitarbeiter. Sie werden zu Unrecht für strukturelle Probleme verantwortlich gemacht. Die Stimmung intern ist entsprechend am Tiefpunkt. Keine gute Basis für einen Neuanfang.

Das Scheitern von CARIAD ist mehr als nur ein VW-internes Problem. Es steht symbolhaft für das Scheitern der deutschen Industrie im Softwarebereich.

Andreas Boes bringt es auf den Punkt:

Anders gesagt: Ohne radikales Umdenken hat die deutsche Autoindustrie keine Zukunft. Software ist nicht mehr nur ein Zusatz, sondern der Kern des Geschäfts.

Denkt man dieses Sinnbild konsequent weiter, müssten VW, Audi und Porsche nichts weiter als Hardware-Lieferanten für CARIAD sein. Denn die eigentliche Wertschöpfung (Software) wird ja dort geleistet.

Eine komplette Umkehr der bisherigen Machtverhältnisse - und ein Grund, warum der Wandel so schwer fällt.

Wie geht es jetzt weiter mit CARIAD?

VWs jüngste Schritte sprechen Bände:

• 5-Milliarden-Dollar-Partnerschaft mit dem US-Startup Rivian

• Kooperation mit dem chinesischen Hersteller Xpeng

Die Botschaft: VW holt sich Software-Hilfe von außen. Die Strategie, selbst Kompetenzen in Deutschland aufzubauen, ist gescheitert.

VW-Chef Blume hält offiziell an CARIAD fest. Doch die Realität spricht eine andere Sprache: Wenn die Software aus den USA und China kommt, braucht es nicht Tausende Entwickler in Deutschland.

Vielleicht liegt aber genau hier auch die große Chance. Der Veränderungsdruck ist mittlerweile so groß, das man ihn kaum mehr ignorieren kann. Eine gute Zeit für einen Neuanfang.

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